10 März 2006

Biathlon und 'Statistik'

(Anmerkung: Ich hatte einen vergleichbaren Beitrag schon mal heute morgen verfasst - aber aufgrund von leichter Schusseligkeit habe ich ihn kurz nach der Veröffentlichung gelöscht - und in einem dominoeffekt meine Sicherheitskopie gleich mit; nach einiger Zeit des angestrengten Grummelns hab ich mich dann aber doch noch mal drangesetzt)

Als regelmäßiger Beobachter eines Sportes gewinnt man recht schnell gewisse Einblicke. Meist reichen diese kleinen Einblicke aus, um festzustellen, dass die jeweiligen Sportmoderatoren nicht die geringste Ahnung haben. Man fängt an, etwaige 'ehemalige Aktive' als Gastmoderatoren zu schätzen - denn die beantworten zumeist die Fragen, die man sich über das grade zu sehende stellt.
Als regelmäßiger Beobachter einer Sportart entwickelt man natürlich auch ein stückweit Expertenwissen. Man hat gewisse Erwartungen an die Leistungsstärke der Sportler, grade auch im Vergleich. Das gilt um so mehr für den Biathlonsport, der ja bekanntlich aus den beiden Einzelleistungen Skilanglauf und Schießen besteht. Während die Schießleistungen auch mal stark von der jeweiligen Tagesform abhängen können (weil hier kleine Abweichungen schnell große Wirkung erziehlen), bleiben die sogenannten Laufleistungen (zumindest in der beständig im Fernsehbild zu sehenden Weltspitze) meist vergleichbar. Und wenn es mal eine Ausreißer nach oben oder unten gibt, dann gibt es dafür zumeist auch gleich eine einleuchtende Erklärung.
Umso mehr verwirrt hat mich das Ergebniss des letzten Damenrennens (vom Donnerstag), denn dort wollten die Verhältnisse nicht mit meinemWissen übereinstimmen. Simone Denkinger ist eine 'gute' deutsche Läuferin. Sie hat mit einem Schießfehler eine passable Leistung hingelegt. Die beiden 'Ausnahmeläuferinnen' Kati Wilhelm und Anna Carin Olofsson hatten jeweils zwei Schießfehler - und anscheinend dazu noch weitere Zeit gegenüber Denkinger auf der Strecke verloren. Sollten Wilhelm und Olofsson beide ihre Olympiamedaillengewinne so schlecht verdaut haben? Immerhin hatten beide in der Zwischenzeit eine Menge PR-Stress. Gänzlich verwirrend wurde es jedoch, als Sandrine Bailly bei vergleichbarer Schießleistung zu Simone Denkinger dieser - entsprechnd der normalen Erwartungen - knapp 'eine Strafrunde' abnehmen konnte. Somit stimmten dei Verhältnisse der etwa gleichstarken Bailly und Wilhelm/Olofsson nicht mehr. Von der wiederum sehr konkurrenzfähigen Laufleistung der Überraschungs-Olympiasiegerin Florence Baverel-Robert ganz zu schweigen (die normalerweise zwar als ausgezeichnete Schützin, aber durchschnittliche Läuferin gilt). Was mochte passiert sein?

Hier kommt die Statistik1 ins Spiel. Biathlon eignet sich besonders gut dazu, die Rennleistung in verschiedene Zahlen aufzubrechen, die man vergleichen und Unterscheide analysieren kann. Und hier läßt uns (und ganz besonders mich) die Fernsehberichterstattung gerne im Stich. Und auch sonst finden sich allenfals Aufzeichnung über die Schießleistung der Athleten, sowie ihr Gesambtabschneiden - aber eben nicht über die jeweilige Laufleistung. Gestern jedoch, hat die Fernsehberichterstattung dankenswerter Weise alle notwendigen Informationen geliefert, um mein Weltbild wieder grade zu rücken - nicht, dass sie das vorgehabt hätten oder die wirklich interessanten Zusammenhänge näher ausgeführt hätten. Aber immerhin waren die Infos kurz im Bild, und denken kann ich ja selber.
Die am häufigsten vorenthaltene interessante Information ist die reine Laufzeit. Neben dem läuferischen Können unterscheiden sich auch die technischen Aspekte des Schießens bei den Athletin dergestalt, dass die eine am Schießstand länger braucht und die andere schneller wieder 'in der Spur' ist. Denn gestern waren die Laufzeiten (auch im Verhältnis zueinander) so, wie ich es erwartet hätte. Wilhelm und Olofsson haben die Zeit am Schießstand verloren und nicht auf der Strecke. Die besonders gute Leistung von Bailly ist eine Fortsetzung ihrer Ergebnisse auf der Strecke von Pokljuka vom letzten Jahr - damals gewann sie all drei dort ausgetragenen Rennen. Die Strecke ist wohl recht hügelig und hat einen besonders langen Anstieg. Das scheint der zierlich wirkenden Französin anscheinend entgegenzukommen. Und was Baverel-Robert angeht: auch hier gibt es eine erklärende Statistik: vor Olympia haben ihr ihre Trainer eine Gewichtsabnahme von 10 kg verordnet ... ich nenne das jetzt mal den Jan-Ulrich-Effekt.

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1: ich möchte darauf hinweisen, dass ich hier den Begriff Statistik sehr freizügig verwende - denn um ein paar Zahlen hin und her zu schieben, braucht es noch lange keinen Statistiker

[Momentan in Winamp: Kettcar - Landungsbrücken Raus]



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