10 März 2006

Biathlon für Einsteiger

Da ich wohl auch in Zukunft häufiger auf den Biathlonsport zu sprechen kommen werde, halte ich eine kleine Zusammenstellung der wichtigsten Fakten zum Biathlon für angemessen. Aufgrund meiner persönlichen Präferenzen stehen hier die Damen im Vordergrund. Und ich möchte an dieser Stelle stellvertretend für alle biathlonbezognenen Beiträge darauf hinweisen, das es hier um weltklasse Athletinnen und Athlethen geht - die Verwendung von Ausdrücken wie gut, stark, schwach, versagt, herausragend, enttäuschend ist also jeweils im Verhältnis zur Weltspitze bzw. zum bisher gezeigten eigenen Leistungsvermögen des jeweiligen Athleten gemeint und keinesfalls respektlos gemeint!

Der Sport: Biathlon besteht aus zwei Einzeldisziplinen: dem Skilanglauf und Zielschießen. Beide werden in einer Einheit absolviert, so das insbesondere die Athlethen direkt zwischen 'Strecke' und 'Schießstand' wechseln. Dies führt einerseits zu einem Schießen unter erschwerten Bedingungen führt, andrerseits auch das kontinuierliche Laufen wegen der gelgentlichen Unterbrechungen unterbindet. Eigentlich teilt sich (für den Laien wie mich) Biathlon in drei Teilleistungen auf: die Langlaufstrecke, den Schießstand sowie das Verhalten vor und nach der Schießeinlage - wie lange der Athlet also für das Umstellen von Laufen auf Schießen braucht bzw. wie schnell er nach dem Schießen wieder mit Höchstgeschwindigkeit auf der Strecke ist. Neben der reinen Rennzeit zwischen 'Start' und 'Ziel' wird (zumindest Teilweise) auch eine 'reine Laufzeit' festgehalten (leider ist nicht allgemein bekannt, welche Streckenpunkte dort als Begrenzung des 'Schießstandbereiches' ausgeklammert werden). Zudem werden gelegentlich die Schießfolge festgehalten - also die Zeit zwischen der Ankunft am Schießstand und jeweils zwischen den einzelnen Schüssen. Aus den somit bekannten Angaben kann man bei Bedarf die verbleibende Zeit des Umschaltens zwischen Laufen und Schießen berechnen.
Im Biathlonsport gibt es insgesamt fünf etablierte Einzeldisziplinen, die jeweils unterschiedliche Sportlertypen begünstigen. Hinzu kommen im Biathlon-Weltcup unterschiedliche Sportstädten, die wiederum unterschiedliche Merkmale aufweisen (hügligere Strecken, windanfälligere Schießanlagen, größere Höhenlage und stets unterschiedliche Temperaturen).

Auf der Strecke: Ein Biathlonrennen besteht aus mehreren Runden, die (bis auf Anpassungen im Start-Ziel-Bereich bzw. dem Schießstand) identlisch sind; ein Rennen beginnt jeweils mit einer Laufrunde, ehe es zur ersten Schießeinlage geht. Zwischen zwei Schießeinlagen wird jeweils eine Runde in der Loipe zurückgelegt, nach der letzten Schießeinlage wird vor dem Zieleinlauf noch eine letzte Runde gelaufen. Auf der Strecke gibt es zumeist drei Zeitnahmepunkte (hm, oder doch nur zwei? Anybody?)

Am Schießstand: Es gibt im Biatlonsport zwei unterschiedliche Arten der Schießeinlage. Zum einen den liegenden Anschlag. Die größe der Zeile beträgt hierbei 45 mm (siehe Abbildung unten). Aufgrund der kleinen Zielfläche kann der Wind im liegenden Anschlag einen starken Einfluss haben und zu Fehlschüssen führen. Bei starkem Wind verändern die Athleten deswegen manuell ihre Zielerfassung, um den Windeinfluß zu kompensieren (die Windstärke ist an überall im Schießstand angebrachten kleinen Fähnchen ersichtlich).
Im stehenden Anschlag sind die Ziele mit 115 mm (siehe Abbildung unten) größer. Der Wind hat daher nur selten einen entscheiden Einfluß auf die Projektilflugbahn - starker Wind kann aber den aufrecht stehenden Athleten beeinträchtigen.
Geschossen wird jeweils aus 50 m Entfernung auf 5 Scheiben je Schießeinlage, wozu fünf Patronen in einem Magazin bereitstehen. In einem Rennen wird grundsätzlich jeweils gleichoft liegend und stehend geschossen.



Schießfehler: Aufgrund der Natur des Biathlon sollen Schießfehler die Gesamtrennleistung des Athleten verschlechtern. Dazu gibt es momentan drei unterschiedliche Modelle:
  1. Für jeden Fehlschuß erhält der Athlet automatisch eine Strafminute zu seiner Rennzeit addiert
  2. Für jeden Schießfehler muß der Athlet eine Strafrunde von 150 m extra zur Renndistanz laufen; diese wird direkt zwischen Schießstand und der nächsten Zeitnahme absolviert; je nach Laufstärke und Wettkampfort braucht der Athlet dafür 23-25 Sekunden; Strafrunden gelten als äußerst belastend, da sie wegen ihrer runden Gestalt eine Körperseite übermäßig und einseitig belasten
  3. Dem Athleten stehen pro Schießeinlage bis zu drei Patronen zum Nachladen zur Verfügung; die Patronen müssen manuell nachgeladen werden, was etwa 8 bis 10 Sekunden Zeit kostet; hat der Athlet mit seinen fünf regulären und den drei Nachlade-Patronen immer noch nicht alle fünf Zielscheiben getroffen, muß er entsprechend oft in die Strafrunde (s.o.)


Die Disziplinen: Im Biathlonweltcup gibt es momentan fünf unterschiedliche Disziplinen. Sie haben jeweils eine unterschiedliche Langlauf-Streckenlänge, einen unterschiedlichen Schieß-Modus und unterschiedliche Arten, Schießfehler zu sanktionieren:
  1. Das Einzel hat eine Laufstrecke von 15 km (Herren: 20 km), es wird viermal geschossen (liegend-stehend-liegend-stehend), Schießfehler werden mit jeweils einer Strafminute geahndet; die Athleten starten zeitversetzt und jeder läuft für sich ein Rennen 'gegen die Uhr'; das Einzelbeinhaltet die längste Laufstrecke aller Biathlondisziplinen; aufgrund der verhältnismäßig harten Strafe für Fehlschüsse bevorzugt diese Disziplin sichere Schützen
  2. Beim Sprint ist die Laufstrecke 7,5 km (Herren: 10 km) lang, es wird zweimal geschossen (liegend-stehend), Schießfehler werden mit jeweils einer Strafrunde geahndet; gute Läuferinnen können auf den 7,5 km Rennstrecke durchaus einen bis zwei Schießfehler kompensieren; auch hier wird zeitversetzt gestartet und jeder Athlet läuft für sich 'gegen die Uhr'; der Sprint dient oftmals als Qualifikation für den Verfolger (s.u.)
  3. Der Verfolger folgt gelegentlich auf einen Sprint (s.o.); dabei starten die Athleten jeweils in der Reihenfolge und mit den Zeitabständen aus dem Sprintrennen; beim Verfolger wird vier mal geschossen (liegend-liegend-stehend-stehend), die Renndistanz beträgt 10 km (Herren: 12,5 km), Schießfehler führen zu je einer Strafrunde; seine Spannung bezieht diese Disziplin aus dem direkten Kampf der Athleten, die nebeneinander laufen und (insbesondere) auch gegeneinander schießen; das Starterfeld eines Verfolgers ist auf 60 Teilnehmer beschränkt, überrundete Athleten scheiden aus dem Rennen aus; besonders bevorteilt werden hier nervenstarke Athleten, die in der direkten Konkurenzsituation besser mit dem Druck fertig werden.
  4. Der Massenstart geht über 12,5 km (Herren: 15 km) mit vier Schießeinlagen (liegend-liegend-stehend-stehend), Schießfehler werden mit jeweils einer Strafrunde geahndet; das Starterfeld des Massenstartes ist (aufgrund der äußeren Begebenheiten an den Weltcupschießanlagen) auf 30 beschränkt - die jeweils 30 besten im Gesamtweltcup; alle Athleten starten gleichzeitig, was zu einer spannenden Startsituation führt, in der gute Läuferinne bevorzugt werden, während es hinten im Feld schon mal zu Zeitverlusten kommen kann; wiederum kommt es zum direkten Kampf der Athleten gegneinander
  5. Schließlich gibt es noch die Staffel. Jeweils vier Athleten eines Landes laufen nacheinander, die Strecke ist jeweils 6 km (Herren: 7,5 km), jeder hat zwei Schießeinlagen zu absolvieren (liegend-stehend), Schießfehler können durch Nachladen korrigiert werden; aufgrund der verhältnismäßig kurzen Laufstrecke bevorzugt diese Disziplin auch sichere Schützen gegenüber den Ausnahmeläufern; gestartet wird - wie beim Massenstart - gleichzeitig.


Weltcup: Für jede Disziplin wird ein einzelner Weltcup (als Punktewertung) geführt, dazu gibt es den Gesamtweltcup, in den alle Leistungen einfließen; für; die Staffeln existiert eine Sonderwertung. Generell kann gesagt werden, dass es für einen Sieg 50 Weltcuppunkte gibt, für die folgenden Plätze gibt es entsprechend weniger (1:50 - 2:46 - 3:43 - 4:40 - 5:37 - 6:34 - 7:32 - 8:30 - 9:28 - 10:26 - 11:24 - 12:22 - 13:20 - 14:18 - 15:16 - 16:15 - 17:14 - 18:13 - 19:12 - 20:11 - 21:10 - 22:9 - 23:8 - 24:7 - 25:6 - 26:5 - 27:4 - 28:3 - 29:2 - 30:1; die besten 30 Teilnehmer eines Rennens erhalten Weltcuppunkte).
Für die Endabrechnung des Gesamt-Weltcups stehen jedem Athleten drei Streichergebnisse zu, d. h. die schlechtesten drei Rennen jedes Athleten fließen nicht in die Abrechnung ein - das korrsepondiert mit den drei Rennen eines Weltcupwochendes.

Taktische Überlegungen: Im Prinzip gibt es in der Weltspitze zwei Arten von Athleten: die einen haben beständig 'gute' Schießergebnisse und landen somit recht häufig im vorderen Feld. Jedoch sind sie zum Siegen darauf angewiesen, dass die Ausnahmeläufer sich Schießfehler leisten. Andersherum sieht es bei den Ausnahmeläufern aus: sie haben stets sehr gute Laufleistungen, versauen sich aber häufig ein Rennen durch (zu viele) Schießfehler. Selten gelingt es einem Athleten, beständig gute Laufleistungen und Konstanz am Schießstand zu vereinen. Solche Sportler können den Weltcup durchaus dominieren, wie zuletzt Magdalena Forsberg und Ole Einar Björndalen.
Am Schießstand haben die Athleten ein besonderes Problem mit dem Puls. Sie müssen ihren hohen Puls von der Spitzenbelastung auf der Rennstrecke senken, um wirkungsvoll zielen zu können. Sinkt der Puls jedoch zu stark ab, so kommt er in einen Bereich, in dem er deutlich im Körper spürbar wird und somit das Schießen beeinträchtigt - die Athleten sprechen dann von der Nähmaschiene. Daher sollten sich die Athleten nicht zuviel Zeit im Schießstand verbleiben. Das Problem ergibt sich jedoch grade in der Staffel, wo die Athleten durch das mögliche Nachladen gegebenfalls sehr lange im Schießstand sind.
Fast alle Athleten haben in der liegenden Schießeinlage bessere Trefferwerte als in der stehenden.

Der Damenweltcup:

Linktip: Auf der Seite der IBU unter BiathlonWorld.com/Ger gibt es immer relativ schnell die Renn-Ergebnisse. Dazu auch aktualisierte Disziplin- und Gesamt-Weltcupergebnisse, auch herunterladbar im .pdf-Format.

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